Einer der Leitsätze des Projektes war, dass wir zuerst auf uns als Menschen und unsere Intuition vertrauen und dann dem Algorithmus. Das bedeutet, dass die Erkenntnisse aus den digitalen Messungen maßgeblich in unser Handeln und in Entscheidungen einfließen, den Daten jedoch nicht blind vertraut wird.
Auf Grundlage dessen wurde im Rahmen des Projektes der Spielplatz ebenfalls analog beobachtet, um zusätzlich zur Evaluation der digitalen Bewegungsmuster, die Atmosphäre einzufangen und zu verstehen, wie der Ort genutzt wird. Vorteile waren, dass das natürliche Nutzerverhalten der Kinder vor Ort direkt und mit vielen zwischenmenschlichen Nuancen festgehalten werden konnte. Gerade in Zusammenhang mit den Aspekten der Gruppenbildung und -dynamik offenbart eine analoge Beobachtung Aspekte, die die digitalen Messungen im derzeitigen Entwicklungsstand noch nicht zeigen. Bei der Beobachtung konnten – sich deckend mit den digital erzeugten Ergebnissen – klare Hotspots ausgemacht werden: Die Piratenschlucht, die dazu einlädt mit Stöcken Staudämme zu bauen und das Klettergerüst wurden in größeren Gruppen genutzt.
Auf der anderen Seite wurde der gesamte räumliche Kontext beobachtet. So haben beispielsweise einige Kinder das nahegelegene Fußballtor, was nicht mehr im Blickfeld der Sensoren liegt genutzt, um dort Pause zu machen.
Die vom Menschen durchgeführte Beobachtung gibt nicht nur die Möglichkeit, den Kontext ganzheitlicher zu erfassen, sondern bietet zudem die Möglichkeit, die Atmosphäre eines Ortes zu begreifen, die elementar für das Verstehen eines Ortes und Umfeldes ist. Dies kann eine digitale Analyse aus Datenschutzgründen meist nicht leisten, da es immer Teilräume geben muss, die keiner automatisierten Beobachtung ausgesetzt sind. Von erfahrenen Beobachter:innen können Zwischentöne erfasst werden, wie z.B. das kooperative Zusammenarbeiten unter den Kindern beim Tragen von Baumaterial wie Ästen oder dem gegenseitigen Helfen beim Balancieren über Stämme. Dies sind Aspekte, die ein digitales Tool nicht abdecken kann, auch aus dem Grund, da verändertes statisches Baumaterial nicht durch die Dynamic Vision Sensorik aufgezeichnet wird. Allerdings bleibt eine vom Menschen durchgeführte Beobachtung auch immer eine subjektive Beobachtung mit unbewussten kognitiven Verzerrungen.
Digitale Werkzeuge bieten vor allem das Potenzial für langfristige und objektivierbare Raumnutzungsanalysen. So entstehen neue Chancen für die Entwicklung und Planung von Lebensräumen, die an den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen ausgerichtet sind. Durch den Einsatz neuer digitaler Stadtraumanalyse-Tools, wie z.B. Systemen mit dem Dynamic Vision Sensor, entstehen fundierte Erkenntnisse über einen Stadtraum, die sowohl für Planer:innen als auch Entscheidungsträger:innen und Bürger:innen wichtig sind.
Das Projekt hat gezeigt, dass bewährte analoge Methoden mit neuen smarten digitalen Möglichkeiten zu einer hybriden Lösung verbunden werden müssen. Dabei gilt es, die quantitativen und die qualitativen Vorteile digitaler und analoger Analyseverfahren gründlich abzuwägen. Systeme digitaler Stadtraumbeobachtung werden noch intensive Weiterentwicklung benötigen, um Daten liefern zu können, die die komplexen Beziehungen abbilden, die zwischen Menschen und Räumen bestehen.